33. Ethiktagung Zwiefalten (10.10.2023): Ambulante Behandlungsweisung

Kaum war das Thema der diesjährigen 33. Ethik-Tagung benannt, gab es lebhafte Diskussionen, regte sich Widerstand, hagelte es Kritik: Ambulante Behandlungsweisung.

Menschen, die an einer chronifizierten, schweren psychischen Erkrankung leiden, die bereits fremd- oder auch eigengefährdend waren, dann aber mit Medikamenten erfolgreich behandelt wurden, sollen durch eine Ambulante Behandlungsweisung, wenn sie denn im PsychKHG verankert wäre, dazu verpflichtet werden, die Behandlung nach ihrer Entlassung aus der Klinik fortzuführen.

Die Befürworter einer solchen Weisung versprechen sich davon einen verbesserten Patienten- und Opferschutz. Den wiederum können die Gegner nicht erkennen, sie sehen nur die Einschränkungen der Freiheitsrechte des betroffenen psychisch erkrankten Menschen.

Anhand eines konkreten Falls wurde die Problemlage dargestellt und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei den Redebeiträgen aus Betroffenen- und Angehörigenperspektive:

Carina Kebbel vom LV PE BW gelang es, die Situation der Menschen, um die es geht, sehr einfühlsam zu schildern, und zeigte Schwachstellen auf: Sie vermisste beispielsweise alternative Konzepte im ambulanten Setting und äußerte die Befürchtung, dass in der Praxis von den versprochenen begleitenden Therapien nur die Verpflichtung zur Duldung der Depotspritzen übrigbleiben könnte.

Gabriele Glocker vom LV BW ApK beklagte ebenfalls das häufig mangelhafte Entlass-Management sowie die fehlende Einbindung von Angehörigen, zu denen die aus der Klinik Entlassenen dann doch meist zurückkehren. Wenn dort eine Weiterführung der medikamentösen Behandlung verhindern kann, dass Mitmenschen erneut Opfer der Aggressionen des psychisch schwer erkrankten Familien-mitglieds werden, dann sollte dieses auch verpflichtet werden, die Behandlung zuzulassen.

Eigens angereiste Mitglieder des bpe (Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e. V.) versuchten immer wieder zu provozieren und stimmten schließlich ihr Lied von der Freiheit an.

Gewiss, der Wunsch nach grenzenloser Freiheit ist umso stärker ausgeprägt, je enger die Fesseln sind. Im Gemeinwesen kann allerdings jeder seine Freiheitsrechte nur ausleben, solange sie die Freiheitsrechte anderer Individuen nicht einschränken.

Download Vortrag Carina Kebbel (LV PE BW)
Download Vortrag Gabriele Glocker (LV BW ApK)